Reeve wurde als 12-jährige von einem Sadisten entführt und fast 4 Jahre gefoltert, vergewaltigt und misshandelt. Jetzt ist sie 22 Jahre alt, hat viele Jahre Therapie hinter sich und leidet immer noch an schrecklichen Albträumen, hat Angst vor Männern und ist nicht in der Lage emotionale Nähe zuzulassen. Als die kleine Tilly, nach einem Jahr den Händen ihres Peinigers entrissen werden kann wird Reeve gefragt, ob sie das Mädchen, das ähnliches mitgemacht hat wie sie selbst, ein wenig unterstützen würde. Reeve macht sich auf den Weg und freundet sich mit Tilly an. Doch Tilly hat schreckliche Angst und kann der Polizei nicht alles erzählen, denn sie wird beobachtet und jedes falsche Wort könnte schreckliche Konsequenzen nach sich ziehen. Wird Reeve ihr helfen können?
"und nachts die angst" ist ein unglaublich guter Thriller, den man nicht mehr aus der Hand legen möchte. Reeves Geschichte ist so schrecklich. Ich konnte oft nicht glauben, dass man nach so einem schrecklichen Erlebnis über so lange Zeit hinweg, überhaupt in der Lage sein soll alleine auf die Straße zu gehen. Dazu wirkt Reeve auch noch sehr zerbrechlich und man möchte sie einfach nur beschützen. Tilly ist anders. Sie steckt voller Wut. Das Erlebte ist noch viel zu nahe an ihr dran. Sie möchte unbedingt aus Jefferson wegziehen, wo sie gefangen gehalten wurde. Sie hat solche Angst, dass ihrer Familie etwas passieren könnte, denn das wurde ihr angedroht, falls sie etwas verrät. Die Polizei denkt den Täter geschnappt zu haben, aber das ist ein schrecklicher Irrtum.
Besonders gut gelungen fand ich die Passagen des Peinigers. Seine Gedanken, seine Pläne, seinen Alltag. Das hat deutlich gemacht, wie normal dieser Mensch auf andere wirkt, wie gut er sich verstellen kann. Aber auch die anderen Figuren waren sehr realistisch und gut gezeichnet. Zum Beispiel der große Bruder von Tilly, der sauer ist, weil seine Eltern überlegen von Jefferson wegzuziehen, obwohl er nur noch ein Jahr Schule vor sich hat. Den es nervt, ständig auf seine Schwester angesprochen zu werden, der aber trotz allem Angst um sie hat. Oder die Eltern, die so schrecklich hilflos sind und nicht wissen, wie sie mit ihrem Kind umgehen sollen. Tilly, die ausflippt weil sie alle wie ein kleines Mädchen behandeln, obwohl sie durch das Erlebte viel zu schnell erwachsen werden musste. Sie alle wurden von der Autorin absolut realistisch und sehr lebendig beschrieben.
Die Spannung beginnt praktisch auf der ersten Seite und hält an bis die letzte Seite gelesen ist. Oft musste ich kleine Pausen einlegen um kurz über das Gelesene nachzudenken oder mal kurz Luft zu holen. Carla Norton ist es wirklich gelungen mich ans Buch zu fesseln, dafür vergebe ich 4 von 5 Byrons und eine absolute Leseempfehlung für alle Thrillerfreunde. Ich hoffe, dass wir noch viele Bücher der Autorin zu lesen bekommen.
© Beate Senft
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