Dienstag, 9. April 2013

Laura Moriarty - Das Schmetterlingsmädchen

Es ist die Zeit der Prohibition, die Zeit der Frauenrechtlerinnen und die Zeit des Stummfilms zu der Cora Carlisle in Kansas Wichita lebt. Sie ist verheiratet mit dem geachteten Anwalt Alan Carlisle und hat 2 Söhne, Zwillinge, die aufs College gehen werde und somit aus dem Haus sind. Ihr Leben erscheint ihr ein wenig leer als sie erfährt, dass ihre flüchtige Bekannte Myra eine Anstandsdame für ihre Tochter Louise sucht, die sie nach New York begleiten soll. Louise wurde an einer berühmten Tanzschule angenommen und Myra wittert eine Chance ihre Tochter groß rauszubringen. Aber auch Louise hat den Mief der Kleinstadt und das Getratsche satt und möchte in der pulsierende Metropole mit ihren Theatern und dem prallen Leben einfach sie selbst sein können. Doch Cora, die 20 Jahre älter ist als Louise, ist das komplette Gegenteil von ihr und so macht sich Louise oft über die verklemmte Art von Cora lustig und die Ältere ist oft geschockt vom Benehmen der Jüngeren. Das beginnt schon auf der Bahnfahrt. Aber nicht nur Louise hat eine Aufgabe in der großen Stadt, denn Cora möchte mehr über ihre Vergangenheit erfahren. Und so treffen beide Frauen auf eine ganz andere Lebensweise und beginnen beide sich langsam zu verändern.

"Das Schmetterlingsmädchen" ist ein ganz wundervolles Buch über 2 Frauen. Die Eine gefangen in den Konventionen der Zeit, die Andere möchte daraus ausbrechen, sich nichts vorschreiben lassen und einfach das Leben genießen. Geschrieben ist das Buch in einer sehr schönen Sprache, die mich oft träumen lies. Aber ich schüttelte auch oft den Kopf über Coras Ansichten.

"Cora hatte sich gefreut als die Rocksäume bis zu 20 Zentimeter nach oben wanderten. Zugegeben, ein bisschen Bein war zu sehen, aber die Veränderung schien vernünftig.Die Röcke schleiften nicht mehr durch den Dreck und schleppten Typhus oder Gott weiß was ins Haus. Aber jetzt trugen die Mädchen Röcke, die so kurz waren, dass man bei jedem Windstoß ihre Knie sehen konnte und dafür gab es keinen logischen Grund. Ein Mädchen das so einen kurzen Rock trug, wollte angestarrt werden und zwar auf eine ganz bestimmte Weise". (Seite 14)

Auf dem Cover sieht man ein Originalfoto von Louise. Mir war Louise Brooks, genannt Lulu, kein Begriff, aber sie war die Stummfilmikone schlechthin und die Frau, die den Bob als Kurzhaarfrisur für Frauen einführte. In dem Buch erfährt man wie aus Louise aus Wichita, die den Männern den Kopf verdrehte, die berühmte Stummfilmschönheit wurde, der die Männer zu Füßen lagen. Auch wenn Louise leider nur die 2. Rolle in der Geschichte spielt fand ich es sehr interessant. Die Hauptfigur ist eindeutig Cora, die in New York versucht ihre Wurzeln zu finden. Sie wuchs in einem Waisenhaus auf und wurde an eine Familie vermittelt, die sie groß zog. Aber nicht nur über Cora erfahren wir einige Geheimnisse sondern auch Louise erzählt uns Details aus ihrer Kindheit.

"Erst vor wenigen Monaten war Margaret Sanger verhaftet worden, weil sie in aller Öffentlichkeit die Frage gestellt hatte, ob Geburtenkontrolle moralisch war. Man bezeichnete sie als obszön" (Seite 53)

Manche Meinungen Coras haben mir glatt die Sprache verschlagen und mich immer wieder wieder den Kopf schütteln lassen. Für sie war z.B. jede Frau eine Prostituierte, die etwas Rouge auflegte oder Lippenstift trug.

"Er kam immer erst zu ihr wenn es dunkel war und brachte nie eine Lampe mit. Dafür war sie dankbar. Bei Licht hätte sie sich Gedanken gemacht, wie ihr Gesichtsausdruck sein sollte. Duldsam? Entschlossen? Sie wusste es nicht. Sie hatte auf der Farm Tiere bei der Paarung gesehen, deshalb war ihr der mechanische Ablauf von Sex klar, aber sie wusste nichts darüber wie sie sich als Mensch, als Frau verhalten sollte. Auch im Dunkeln wusste sie nicht, ob sie einfach still liegen sollte oder ob es in Ordnung wäre ihre Arme und Beine um ihn zu schlingen, wie sie es sich insgeheim wünschte. Sie wollte nicht sexsüchtig erscheinen". (Seite 203)

"Das Schmetterlingsmädchen" ist ein tolles Stück Geschichte aus einer Zeit des Umbruchs, die mich sehr gut unterhalten hat. Ich vergebe für das toll geschriebene Buch 10 von 10 Punkten, den Favoritenstatus und eine Leseempfehlung für alle, die sich gerne verzaubern und in eine andere Zeit entführen lassen.

© Beate Senft