Montag, 17. März 2014

Wolf Serno - Der Medicus von Heidelberg



Lukas Nufer hat in seiner Kindheit ein einschneidendes Erlebnis. Als seine Stiefmutter in den Wehen liegt, gibt es kaum noch Hoffnung für sie, denn das Baby hatte sich nicht gedreht und kann nicht auf die Welt kommen. Ein Todesurteil für die Mutter. Doch Lukas Vater will nicht auch seine 2. Frau verlieren und holt das Kind mit der gefährlichen Schnittentbindung auf die Welt. Ein Eingriff, den kaum eine Mutter überlebt. Aber als Kaponenmachen hat er viel Erfahrung gesammelt und seine Frau überlebt den Eingriff genauso wie sein neugeborener Sohn. Von diesem Augenblick an möchte Lukas Medicus werden. Und nicht einer, der nur dasteht und Anweisungen gibt, sondern einer, der selbst Operationen durchführt. Also geht er erst nach Basel und als dort die Schule durch ein Erdbeben zerstört wird, macht er sich auf den Weg nach Erfurt. Ihm zur Seite steht  Schnapp, ein Hundewelpen den er in der zerstörten Stadt gefunden hatte. Während des Studiums freundet er sich mit Martin Luther an, der dort die Rechtswissenschaften studieren möchte. Als die Pest ausbricht und Lukas trotz nicht abgeschlossenem Studium versucht den Menschen zu helfen, macht er sich einige Feinde. Und auch später in Heidelberg warten große Gefahren auf ihn.

Alleine schon der Titel machte mich sehr neugierig auf das Buch, denn ich lebe in der Nähe von Heidelberg. Außerdem interessiere ich mich sehr für die Medizin zu früheren Zeiten. Also blieb mir doch gar nichts anderes übrig als dieses Buch zu lesen. Und ich wurde in keinster Weise enttäuscht.

Wolf Serno hat hier ein gut recherchiertes und sehr spannendes Buch geschrieben. Vor allen Dingen die Figuren des Lukas Nufer und des Martin Luther fand ich einfach super. Sie waren sehr gut ausgearbeitet und genau so hatte ich mir den jungen Luther immer vorgestellt. Auch die beiden Frauen Odilie und Therese gefielen mir sehr gut und entwickelten sich im Laufe des Buches immer weiter. Selten war ich am Ende eines Romans so traurig die lieb gewordenen Personen verlassen zu müssen wie hier.

Der Autor hat einen tollen bildhaften und flüssigen Schreibstil, der mich die Geschichte hautnah miterleben ließ und nach viel zu kurzer Zeit waren die 685 Seiten gelesen.
Das Studium fand ich sehr interessant und oft musste ich über die medizinischen Erkenntnisse schmunzeln. Die Erklärungen der Professoren waren aber auch zu köstlich. Von der 4-Säfte-Lehre hatte ich schon viel gehört, aber dass der männliche Same durch Blut gebildet wird, das durch den ganzen Körper fließt und dann im Hoden umgewandelt wird, war mir genauso neu, wie dass er sich dann mit dem weiblichen Samen vermischt. Trotz allem haben die Ärzte früher Menschen geheilt, auch wenn sie oft sehr barbarisch zu Werke gingen.

Auch auf die Pflanzenlehre und die Werke der Hildegard von Bingen wurde eingegangen. Das war alles sehr interessant für mich. Das Leben der Menschen am Anfang des 16. Jahrhunderts wird sehr authentisch dargestellt und die fiktive Geschichte rund um Lukas Nufer war sehr spannend und einfach großartig.

Von mir bekommt dieser mehr als gelungene Roman um einen jungen Medicus 5 von 5 Byrons, den Favoritenstatus und eine Leseempfehlung an alle die historische Romane mögen. Das war mein erstes Buch von Wolf Serno und mit Sicherheit nicht mein Letztes.

© Beate Senft