Sonntag, 12. Januar 2014

Tim Svart - Otherside



Stephanie und ihr Kollege Ben fahren zu dem seit Jahren geschlossenen Vergnügungspark „Nimmerland“, um darüber einen Artikel für ein Magazin zu schreiben. Der Hausmeister des Geländes hat ihnen für ein entsprechendes Entgelt versprochen, ihnen das große Tor aufzuschließen, sie über Nacht auf das Gelände zu lassen, um sie dann morgens wieder rauszulassen.  Es ist sehr unheimlich in der Dunkelheit über das verlassene Gelände zu laufen. Ben merkt sehr schnell, dass Stephanie private Gründe hat, den ehemaligen Vergnügungspark aufzusuchen. Schließlich erzählt sie ihm, dass hier vor Jahren ihr Sohn Felix spurlos verschwand. Ihr Mann Max und sie suchten so lange nach ihrem Kind, aber Felix blieb spurlos verschwunden. Plötzlich geht das Licht an. Die Musik fängt an zu spielen und das Kettenkarussell bewegt sich. Und dann werden Stephanie und Ben getrennt. Stephanie verirrt sich im Spiegellabyrinth und plötzlich findet sie etwas, das ihr gesamtes Weltbild zum Wanken bringt. Enthalten die Geschichten um den „schwarzen Mann“, der hier umgehen und Kinder zu sich holen soll, vielleicht doch ein Körnchen Wahrheit?

Endlich etwas Neues von Tim Svart. Seit ich „Das Schloss“ gelesen hatte, habe ich sehnsüchtig auf ein neues Buch des Autors gewartet. „Otherside“ ist zwar nur eine Novelle, aber das tut der Spannung keinen Abbruch.  Ganz schnell ist man mitten in der Geschichte und meine Gänsehaut war echt beachtlich. Wenn Stephanie durch die dunklen Gänge des Vergnügungsparkes irrt, liest man das besser gemütlich auf der Couch, Licht an und in eine Decke eingepackt. Aber da ich dabei im dunklen Auto saß, empfand ich das alles als noch viel unheimlicher.

Tim Svart ist kein Freund langer Beschreibungen und trotzdem gelingt es ihm mit seinem Schreibstil Bilder im Kopf der Leser entstehen zu lassen. Das ist eine ganz besondere Kunst, die nur wenige Autoren beherrschen. Es war schon sehr unheimlich durch das verlassene „Nimmerland“ zu laufen, Kinderstimmen zu hören und nicht zu wissen, was einen erwartet. Die Spannung ist sehr hoch und ich habe das Buch in einem Rutsch ausgelesen. Eigentlich mag ich es nicht so sehr im Auto zu lesen, aber ich musste unbedingt wissen wie es weiter geht, so dass ich alles in Kauf genommen hätte um möglichst schnell zum Ende zu kommen.

Meiner Meinung nach hätte der Autor aus diesem Stoff auch eine wesentlich längere Geschichte machen können. Genug Potenzial ist vorhanden. Als Novelle ist sie ziemlich kompensiert so dass es wirklich Schlag auf Schlag geht. Man steht praktisch die ganze Zeit unter Hochspannung. Die Figur der Stephanie empfand ich als sehr authentisch. Ich konnte mich wunderbar in sie hineinversetzen. Was gibt es für eine Mutter schlimmeres, als ihr Kind zu verlieren und nicht zu wissen was passiert ist? Ich vergebe für diese tolle und richtig unheimliche Geschichte 5 von 5 Byrons, den Favoritenstatus und eine absolute Leseempfehlung für Fans des gepflegten Grusels. 

Lieber Tim Svart, bitte viel mehr davon.

© Beate Senft                         


G. Michael Hopf: The End - Die neue Welt

Erst einmal vielen dank an den LUZIFER-Verlag für das Rezensionsexemplar.

Ich habe das Buch bereits im November 2013 gelesen. Seitdem habe ich über der Rezension gebrütet, die mir hier wirklich nicht leicht fiel.

Das Buch beginnt ein paar Jahrzehnte in der Zukunft. Haley Rutledge - Tochter Gordon van Zandts - wird um ein Interview über ihren Vater gebeten, der maßgeblich an an der Neuentstehung Amerikas beteiligt war.
Rückblende ins Leben ihres Vaters: Gordons Erfahrungen und Erlebnisse im Irankrieg 2004.
Und schon befinden wir uns im Jahre 2014. Gordon ist nicht mehr im Marine Corps. Verheiratet, zwei Kinder (Sohn und Tochter), die Familie lebt in einer gesicherten Siedlung.
Als Gordon eines Morgens seine übliche Joggingrunde dreht, fällt plötzlich sämtliche Elektronik aus. Autos, Handys, Ampeln, Flugzeuge, Fernseher...

In meinen Augen hat das Buch leider nicht gehalten, was der Klappentext (der mir gut gefiel) versprach.

Gordon ist ein ehemaliger Soldat des Marine Corps. Wie auch der Autor selbst. Und das merkt man. Immer und überdeutlich, wie ich finde. Amerika und die Marines über alles - so kam es bei mir an.
Da hätte ich vielleicht drüber wegsehen können. Scheinen doch viele Amerikaner wirklich so zu denken und das Szenario klang interessant genug.
Was mich aber wirklich gestört hat - im Folgenden etwas überspitzt ausgedrückt - waren die überzogene Cleverness Gordons und die extrem dargestellte Dämlichkeit der anderen. Gordon, der Supersoldat, wie ihn einer seiner Freunde im Verlauf der Geschichte einmal bezeichnete.
Gordon begreift während der ersten fünf Minuten, dass es sich um einen Elektromagnetischen Puls (EMP) handelt. Weitere fünf Minuten später überlegt er auf dem Rückweg zu seiner Familie schon, dass er ja gar nicht gut genug vorbereitet ist. Aha. Er hat jede Menge Waffen in seinem Haus. Eine sehr, wirklich sehr große Summe an Bargeld im Haus versteckt. Das Nötigste ist natürlich sowieso schon vorhanden. Kaum zu Hause angekommen, vergisst er natürlich nicht, sofort sämtliche Gefäße mit Wasser zu füllen. Und schon ist mit Fahrrad, Anhänger, Waffe und Bargeld unterwegs, um alles zu besorgen, was sie in den nächsten Wochen brauchen werden.
Außer ihm kommt eine Weile niemand auf die Idee, dass es sich um einen EMP  handelt, und kaum jemand glaubt ihm. Alle anderen gehen es locker an und kümmern sich um gar nichts. Und egal, was Gordon tut, immer denkt er, es ist nicht gut genug, da geht noch was. Mehr Waffen, mehr Munition, mehr Nahrung, mehr Verbandszeug, etc. Irgendwie hat mich das an die überspitzten Filme erinnert, in denen sich Kriegsrückkehrer und paranoide Waffennarren mit allem Drum und Dran in einer Berg- oder Waldhütte verschanzen und hinter jedem Schatten und Vogelgezwitscher den Feind vermuten. Der natürlich nie aus dem eigenen Land stammt. 


Letztendlich kamen bei mir eigentlich nur Patriotismus, die Cleverness von (Ex)Marines und Amerika-über-alles an, wurde man doch ständig mit der Nase darauf gestoßen. Mehr blieb bei mir beim Besten Willen nicht hängen.

Der Klappentext verprach einen guten Auftakt eines Mehrteilers. Leider wird dieses Versprechen in meinen Augen nicht gehalten.

Aber das ist nur meine Meinung. Wer den Klappentext interessant findet, sollte das Buch auch lesen und sich seine eigene Meinung bilden.

Ich vergebe für "The End - Die neue Welt" 2 von 5 Byrons.
 

© Betty Najdek